Bericht vom 09.07.2004; 23.30h - 01.40h

Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 350mm, Brennweite 1790mm, (f/5,1) Phoenix
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 27mm Panoptik ; 19mm Panoptik, 13mm Nagler Typ1, 9mm Nagler Typ6, 5mm Nagler Typ 6
Ort: ca. 4km außerhalb Emskirchen, ca. 390m üNN
Temperatur: 23.30h 11,1 C ; 01.45h 9,5 C
Seeing: 3


Wetter: Tagsüber stürmisch mit Regenschauern, gegen 21.30h aufklarend, der Wind flaut ab.

Beobachtete Objekte:
Kugelsternhaufen (GC): M22, M28, M13
Offene Sternhaufen (OC): NGC6530, M24, M11
Gasnebel (GN): M8, M20, M17, M16
Galaxien (GX): NGC6207

Eine gänzlich unverhoffete Beobachtungschance! Letztmalig war ich am ITV 2004 am spechteln - wahrlich lange her. Da es im Juni/Juli erst gegen Mitternacht dunkel wird, sind Beobachtungschancen selten. Während der Woche erwartet der Brötchengeber Leistung, da bleibt nur noch das Wochenende. Und tatsächlich. Ein Blick aus dem Fenster gegen 21.30h zeigt wolkenlosen dämmrigen Himmel. Diesmal stelle ich den 14" zum kühlen raus, mit dem Teleskop - Phoenix - habe ich dieses Jahr noch gar nicht beobachtet.

Um 23.30h geht es los zum Standardbeobachtungsplatz. Wow! der Himmel ist dunkler als erwartet! Im Westen dämmert es noch, doch sonst ist es - für hiesige Verhältnisse - sehr dunkel. Deutlich erkenne ich die Sommermilchstraße mit Schildwolke. Ahhh! das tut richtig gut! Bootes, Corona Borealis, Ophiuchus, Scorpio, Sagittarius, Auquila, Capricornus, ... alles noch da. Der Scorion schon absteigend, schade! Die Horizionttrasparenz ist sehr gut, deutlich hell erkenne ich die Sterne is Scorpion und Schützen. Die Ruhe der Nacht kann ich nicht ganz genießen, aus einem 2km entfernten Dorf hört man die Bierzeltcombo recht deutlich - schade. Die Transparenz muß man ausnutzen, also tief peilen:

M22
- GC - SAG - (mag 5,1 - sbr 11,0; 24,0 * 24,0') GH 5,0
ein Brummer! Ich kenne den GC von früheren Beobachtungen, doch so schön wie diese Nacht hatte ich bisher noch nicht das Glück! Der Hintergrund ist für so horizontnah sehr dunkel, gut transparent. Viele helle Sterne, dicht massiert. Bereits im 27er bei 66fach wunderbar aufgelöst. Markant ein einzelner, deutlich hellerer Stern ca. Mag 10 etwas aus dem Zentrum. Im 19er bei 94-fach noch nadelfeine Lichtpunkte, die aber bereits ganz leicht wabern. Bei den 3,7mm AP ist der Hintergrund noch dunkler, sehr schön! So tief am Horizont bekomme ich Balanceprobleme. Das 13 Nagler Typ1 wiegt ca. 600g, da beginnt bei nur ca. 15 Grad über dem Horizont der Dobson abzutauchen.

Mit dem 106mm Newtonsucher ist auch gleich

M28 - GC - SAG - (mag 6,9 - sbr 11,0; 15,0 * 15,0') GH 5,0
eingestellt. Am Hauptinstrument gleich mit 19mm (94 fach). Mehr als grieseig, am Rand bereits knapp aufgelöst. Mit ca. 20000 LJ ist der GC etwa doppelt so weit wie M22 entfernt. Das 9er stellt hier die Grenze der sinnvollen Vergrößerung dar. 199fach - da wird der GC schön aufgelöst, leider etwas zu Lasten Ästhetik. Die Lichtfünkchen sind nicht mehr ganz nadelfein, aber trotzdem sehr schön anzusehen. Beeindruckend die Umgebung, einige Sternenpärchen und kleine Gruppen um Mag 8 bis 12, Im Hintergrund "Sternenwölkchen".

M8 - GN - SAG - (mag 5,0 - sbr 13,0; 45,0 * 30,0') GH 5,0
NGC6530 - OC - SAG - (mag 4,6 - sbr 10,2; 15,0 * 15,0') GH 5,0
phantastisch hell, bereits im Sucher (13-fach) deutlich der Gasnebel und Sternengruppen erkennbar. Der Offene Sternhaufen, links im GF (Westen) - NGC6530 - besteht aus ca. 2 Dutzend Mag 7 hellen Sternen ähnlicher Farbtemperatur und wird von dem Nebel komplett mit umschlossen. Erstmals kommt mein OIII-Filter zum Einsatz, den ich beim ITV als Preis erhalten hatte. Praktisch, daß der 2 Zoll Filter in die 1 1/4-Zoll Reduzierhülse eingeschraubt werden kann; so kann ich wunderbar verschiedene Vergrößerungen versuchen, ohne ständig Filter schrauben zu müssen. Der OIII hebt die Nebelstrukturen deutlich hervor, markant eine längliche, dunklere Zone nahe der Mitte, die einige schwarze Bereiche aufweist. ein Dunkelnebel im Vordergrund? Ich wechsele zwischen 19 und 9mm, sehr sehenswert. Das nächste Objekt steht mit 19Grad etwas höher:

M20 - GN - SAG - (mag 6,3 - sbr 13,0; 28,0 * 28,0') GH 5,2
der bekannte Trifidnebel. Um den mit kleiner Öffnung wirklich sehen zu können braucht es sehr guten Himmel. Mit 14" ist dies leichter, doch auch hier wird es erst mit dem OIII-Filter deutlicher. Der Filter bringt hier jedoch nicht sehr viel an Kontrastgewinn. Drei deutlichere und ein schwächerer dunkleren Streifen teilen den Nebel in eine Kleeblattform; im Nebel selbst kann ich aber keine Kontouren ausmachen. Mit Ursus, dem 20" wäre hier ein Quantensprung möglich.
Aber ... Ah! Nach M20 blicke ich über einen nahen Erdhügel, der mit hohen Grashalmen bewachsen ist. Ich peile ja teilweise durchs "Gemüse" - Kein Wunder, das da nicht mehr geht. Bei

M17 - GN - SAG - (mag 6,0 - sbr 13,0; 11,0 * 11,0') GH 5,4
der deutlich höher - ca. 25 Grad - über dem Horizont steht, gibt es keine "Strauchprobleme". Man ist der Toll! Mit Abstand der hellste Gasnebel des Sommerhimmels, wirklich sehr schön. Jau! Toll! - ich kann nicht an mich halten und muß meine Freude ausdrücken. "Dank" Newton sieht man die Schwanenkontour aufrecht im Bild. Scharf abgegrenzt der helle gebogene Hals, an der Hell/Dunkelgrenze zwei markant helle Sterne, ca. Mag 10. Auch ein Augenstern mit geschätzten Mag 12 ist gut erkennbar. Der Schwan schwimmt in einem zart strukturierten Nebelsee, der mit Dauer der Beobachtung größer und breiter wird. Im Schwanenkörper Details satt - eine Augenweide. Ich wechsle zwischen 19er, 13er und 9er. Bei 25 Grad Höhe läßt sich nun auch bei 199-fach gut fokussieren. Ich genieße die wolkigen Strukturen des Nebels.

M16 - GN - SAG - (mag 6,0 - sbr 12,0; 7,0 * 7,0') GH 5,6
der Adlernebel - ist als Sternhaufen deutlich erkennbar. Von den Sternen bezieht er den Großteil der Gesamthelligkeit, der Nebel selbst ist eher schwierig erkennbar. Die Sterne bieten sich als dichte, gebogene Kette an, die helleren Komponenten um Mag 8 bis 9, in Summe etwa 15 Sterne. Der Nebel erscheint großflächig, mit wenig erkennbaren Strukturen. Ohne Filter nur andeutungsweise. Der "Schwanzbereich" des Adlers erstreckt sich nach NW, quer durch die Sternenkette. Die breiten Schwingen sind von NW nach SO orientiert.

Der Blick schweift - ein Genuß, die Sommermilchstraße! Ups - etwas Richtung Osten erste Wolkenschleier. Was nun? Ich habe mich nicht vorbereitet, daher bleibe ich bei Karkoschka-Objekten. M11 hinter dem Schwanz des Sternbildes Adler, den finde ich auch aus dem Gedächtnis.

M11 - OC - SCT - (mag 5,8 - sbr 9,0; 14,0 * 14,0')GH 5,8
Bin mir nicht ganz sicher, doch meine ich den OC gerade so mit bloßem Auge erahnen zu können. Im Okular prasselt es nur so! Man, nicht umsonst mein absoluter OC-Liebling. So viele Sonnen! Meist um Mag 10 bis 12, ein deutlich hellerer Vertreter, Mag 8. Knapp neben diesem Stern ein 6 Sternen-Grüppchen mit fast identischen Mag12-Sternen, die ein Y-bilden. Im 9er und 13er wie ausgepiekst, im 9er noch fast nadelfein. - ahhhh!

Nanu - warum sehe ich das Okubrett so deutlich? Der Mond ist aufgegangen und steht schon knapp über meiner Horizontlinie im Osten, die ca. 10 Grad hoch sein dürfte. Es ist gegen 01.20, die Musik im Bierzelt macht Feierabend. Was nun? Kurz auf Albireo, die im 9er Sterne sehr weit getrennt, die Farben kommen bei geringeren Vergrößerung aber deutlicher zur Geltung. Schnell auf Epsilon Lyrae. Bei 136-fach im 13er sind hier alle 4 Vertreter deutlich separiert, links im GF zwei nebeneinander, recht zwei dicht übereinander. Im 9er rennen die 4 Sterne durchs GF, mit deutlicher dunkler Separation, aber schon etwas verwaschen, wabernd. 9er? nein, hatte das 5er versehentlich eingelegt, bei 360-fach der Anblick wenig verwunderlich.

Es wird heller, schon kann ich fast den Namen auf dem Phoenix-Namenschildchen lesen. Peile noch auf

M13 - GC - HER - (mag 5,9 - sbr 12,0; 23,2 * 23,2') 6,0
Obwohl der Mond tief im Osten schon hell scheint, kann ich den GC mit bloßen Augen erkennen, das ist mir bisher erst einmal vorher aufgefallen. Schade um die dunkle Nacht! Jedoch ziehen nun auch einige Schleierwolken auf. Ein Geprassel an Lichtfünkchen - labsal für die Seele. Tausendfach beschrieben - immer gut. Mir fällt auf - keine einzige GX diese Nacht betrachtet! Das wird schnell geändert:

NGC6207 - GX - HER - (mag 11,6 - sbr 12,9; 3,0 * 1,2') 6,0
Von M13 grob Richtung Eta Hercules stolpere ich über die GX. Ich wußte nur, daß die GX in der Nähe ist, mit etwas herumrühren wurde ich fündig. Ein kleines Oval mit 1:3 Breiten-Längenverhältnis ohne markante Zentralaufhellung.

Es wird immer heller, gleichzeitig nehmen die Wolken zu. O.K. ich baue ja schon ab

Schön war es! Unverhofft macht ganz besonders viel spaß!

Klaren Himmel wünscht

Achim
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