Bericht vom 29/30.06.2002; 23.30h – 01.15h

 Ausrüstung: 

Newton-Teleskop , Öffnung 208mm, Brennweite 1631, (f/7,97) – „Long-John“
Dobsonmontierung


 verwendete Okulare:  32mm Plössel (Antares); 25 mm Plössel [TAL]; 18 mm Bertele, 10mm Plössel, 7 mm Siebert
Ort: freies Feld, ca. 5 km außerhalb Emskirchen, ca. 390 m üNN

Temperatur: 23.30h 11,3 C; 01.30h 8,3 C
Seeing: 2+

Wetter: tagsüber heiter bis wolkig, sehr windig und relativ kühl für die Jahreszeit (max. 19 C), gegen Abend aufklarend, ab 22.30h wolkenlos

Objekte: (Reihenfolge der Beobachtung):
Kugelsternhaufen (GC): M71, M4, M22, M28, NGC6642, M54, M70, M69
Planetare Nebel (PN): M27
Mehrfachsysteme: Pi Aql [mag6,3 – 6,8; 1,4“]
Gasnebel (GN): M8
Offene Sternhaufen (OC): NGC6530

Tags 2h am Spiegel poliert, für mich der ödeste Abschnitt beim Spiegelschleifen, nach den ersten 3 h erkennt man kaum mehr Fortschritte, ständig die Befürchtung sich Kratzer einzufangen, was ab und an dann auch tatsächlich passiert – ist aber ein anderes Thema. Gegen 22.00h zeichnet sich eine klare Nacht ab, also LongJohn rausstellen zur notwenigen Temperaturanpassung. Um 23.20h dann los.

LongJohn ist in 3 Minuten aufgebaut, dann wird der Himmel betrachtet. Im W und NW noch deutlich dämmrig, Tief in OSO Streulicht vom Nürnberger Ballungsraum. Horizontnah rundum einiges an Dunst. Von Scorpio sind gut Scheren und Körper auszumachen, der Stachel ist unsichtbar. Sagittarius in Dunst und Streulicht unsichtbar. Halbhoch im O Cygnus, neben Lyra. Orion bereits gut auszumachen. Etwas niedriger Aquila, und – nach etwas Dunkeladaption des Auges Sagitta, das kleine Sternbild Pfeil. Dort beginne ich, mit

 M71  – GC – SGE – (m8,3 – sbr12,0 – 6,1*6,1’) GH 4,8
aufgrund der Lage (etwa halber Weg zwischen Delta und Gamma SGE) leicht auffindbar. Zunächst mit dem 32er Oku zoome ich mich in den GC. Hätte ich dieses Objekt zu klassifizieren, wäre es kein Kugelsternhaufen geworden. Viel zu unregelmäßig, kann keine rechte Kugelform ausmachen, ja eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Sternchen vor einem zur Mitte hin nebulös wirkenden Sternenhaufen, doch die klassische Form fehlt mir irgendwie. Verglichen zu NaTALia mit LongJohn recht hell, bei 168fach dann aber doch nur noch flau. Im GF zwei etwas hellere Randsterne, ich meine Vordergrundsterne, etwa Mag 11 / 12. M71 „steht“ in einer recht sternenreichen Region, schwebt nicht wie andere GC losgelöst.

Zurück nach Gamma SGE, dann gut 3 Grad nach oben rechts gehopt zu

 M27  – PN – VUL – (m7,3 – sbr11,2 – 8,0*5,7’) GH 5,2
Es wird nun merklich dunkler. M27, besser als Hantelnebel bekannt hebt sich bei 49-fach hell vom Hintergrund ab, erstaunlich hell, deutlich heller als M71! Auch größer als in meiner Erinnerung vom letzten Jahr. Die Außenkontur ist gut erkennbar, wirkt wie ein um die Mitte rundum angeknabberter Apfel. Steigere schrittweise die Vergrößerung bis auf 262-fach (7mm Siebert). Deutliche Strukturen bleiben mir verwehrt. Links oben am Rand des PN ein Vordergrundstern, Mag 11/12. Bei hoher Vergrößerung sind im PN erkennbar, einer (Mag 13? Rechts unten nahe der Längsachse, ein weiterer, grenzwertiger (Mag 14?), nahe dem Zentrum an der Einschnürungsstelle.

Aquila ist recht arm an Deep-Sky-Objekten, im Karkoschka sind jedoch DS erwähnt. Versuche mein Glück. Von Alpa Aql über Gamma Aql suche ich Pi. Ohne sep. Aufsuchkarte bin ich auf die Übersichtszeichnung (mit Mag 7-Auflösung angewiesen). Fürchte, am falschen „Loch“ zu baggern. Stelle den vermeintlich richtigen Stern ein, greife gleich zum 10mm Oku (163-fach)

 Pi Aql  - DS – AQL - [mag6,3 – 6,8; 1,4“]
Bingo! Nach sauberen Fokussieren sofort getrennt. Für nur 1,4“ ging das wunderbar schnell. Liegt an der nicht zu hohen und relativ ähnlichen Helligkeit beider Komponenten. Eindeutig separiert mit dunklem Zwischenraum. Bei 232-fach noch etwas besser. Seeing somit weit überdurchschnittlich. Nach Karkoschka DS mit deutlichem Temperatur- und damit Farbunterschied, für mich aber nur schwer auszumachen. Die für mich rechte etwas kleinere Komponente kommt mir etwas gelblich vor. Ein für mich unerwartet leichter DS.

Der Dunst nimmt ab. Peile nun tiefer – so tief, dass mein Bügelstuhl auf unterster Einstellung noch zu hoch ist, und ich bei der Betrachtung kniee, hin zu

 M4  – GC – SCO – (m5,9 – sbr12,0 – 26,3*26,3’) GH 4,8
dem größten GC in Scorpio. Was für ein Brummer! Relativ helle Außenbereichssterne, somit recht leicht (bei gutem Seeing) dort auflösbar. Eine für mich markante Sternenkette reicht leicht schräg quer durch den ges. GC. Das granuläre Zentrum wirkt für mich etwas weniger Sternenreich als z. B. M13.

Dank deutlich weniger Dunst ist nun ein Großteil von Sagittarius erkennbar. Zum GC-Vergleich ab zu

 M22  – GC – SGR – (m5,1 – sbr11,0 – 24,0*24,0’) GH 5,0
ähnlich niedrig über dem Horizont, ähnlich groß, doch ... um Klassen besser. Ein richtiges Paradeobjekt, wow – bin ganz hingerissen! Im Sucher bereits als Nebelfleck erkennbar. Im Oku prasselt es nur so! unzählige Sternchen funkeln; ja funkeln, nicht nur dimmen! Ungewohnt für ein so niedriges Objekt, das liegt am ausgezeichneten Seeing!. Vergrößere bis max. 232-fach, jede Stufe ist ein Genuß! So briliant wie M13 unter durchschnittlichen bis guten Bedingungen. Habe gerade verglichen. M22 ist einen Tick größer, aber fast eine ganze Größenklasse heller als M13!

Kurze Blick in den Sucher, über Lamda SGR hinweg auf

 M28  – GC – SGR – (m6,9 – sbr11,0 – 15,0*15,0’) GH 5,0
peilen, einem weiteren GC. Deutlich helles Zentrum! Sehr markant! Schneller Helligkeitsabfall zu den Außenbereich hin. Mann, müssen da die Sterne dicht aufeinander sitzen. Wäre unsere Sonne in solch einer Region, gäbe es keine wirklich dunklen Nächte. Auch bei meiner Maximalvergrößerung (232-fach, ohne Barlow) beginnen nur die Randbereiche granuläre Strukturen erahnen zu lassen. Von Auflösung zu sprechen wäre übertrieben. Im Karkoschka genannte asymmetrische Form war mir nicht aufgefallen.

Hatte mir von Sagittarius eine Ciel-Karte erstellt; diese weist ganz in der Nähe noch einen KS aus:

 NGC6642  – GC – SGR – (m8,8 – sbr 8,1 – 0,8*0,8’) GH 5,0
mit Starhopping – dank Karte mit Sternchen bis Mag 10 – gut anzufahren. Im 25er TAL-Oku erkenne ich ein kleines Nebelfleckchen, welches ein solches bleibt, lediglich der Helligkeitsverlauf – Zentrum etwas flächig, nicht so punktuell wie M28, „Halo“ relativ klein – offenbar sich meinen Augen. Wie weit der GC wohl entfernt ist? Wo könnte man das nachlesen?

Eine etwas längere Starhop-Route nach links im GF (Newton) führt mich über CR 367 - von mir nicht weiter berachtet –zu

 M8  – GN – SGR – (m5 – sbr13 – 45*30’) GH 4,8
 NGC6530  – OC – SGR – (m4,6 – sbr10,2 – 15*15’) GH 4,8
dem Lagunennebel, untrennbar mit einem schönen, markanten OC verbunden. NGC6530 weist markant gleichhelle Sterne auf, mit etwa Mag 7 recht hell, etwa 2 Dutzend dieser Sternchen sind auszumachen, alle mit gleichem, weislichen Farbton. M8 – der Lagunennebel fällt gleich ins Auge. Die Gaswolken sind bei 49-fach bereits deutlich auszumachen, querdurch eine dunklere, abgegrenzte Zone. Schraube bei meinem Minimalvegrüßerung den UHC ein – ahhh - ein deutlicher Gewinn.

Höre Kirchenglocken – es schlägt 01.00h. Da müsste der Mond doch schon aufgegangen sein. Trabe über den Weg etwa 50m vor, um an der Buschreihe vorbeisehen zu können – ja, da steht er. Noch gelblich blass, aber schon einiges über dem Horizont – mist!

Kaum noch Zeit. Ich meinte, dass mir von den niedrigen M-Objekten in Sagittarius noch der eine oder andere in meiner „Sammlung“ fehlt, disponiere schnell um, bevor nichts mehr geht:

 M54  – OC – SGR – (m7,7 – sbr11 – 9,1*9,1’) GH 4,6
der OC leidet doch sehr unter sehr niedriger Position und Streulicht, doch das markant helle, jedoch nicht punktförmige Zentrum ist gut auszumachen. An Auflösen nicht zu denken. Hoppe gleich weiter zu

 M70  – OC – SGR – (m8,1 – sbr11 – 7,8*7,8’) GH 4,6
deutlich blasser, Helligkeit verteilt sich mehr auf die Fläche, weniger auf das Zentrum. Nache eine dichte 4er Sternenkette, links oben im GF. Noch schnell

 M69  – OC – SGR – (m7,7 – sbr11 – 7,1*7,1’) GH 4,5
noch eine spur kleiner, nach Ciel ähnlich hell, für mich aber deutlicher als M70. Am Rand – unten links im GF – ein Vordergrundstern etwa Mag 9 lt. meiner Notiz (in Wirklichkeit eine Klasse heller) ist alles, was ich zu vermelden habe.

Nun zeit sich, die Eile war unnötig – hatte letztes Jahr alle diese KS schon betrachtet, also kein neues M-Objekt dabei. Vorbereitung ist die halbe Miete, da hatte es gehapert.

Aber es war trotzdem eine schöne Beobachtungsnacht – die unverhofften sind oftmals die schönsten, da geht man ohne große Erwartungshaltung ran.

Sternenklare Mondfreie Nächte wünscht

Achim
                                               > zurück zur Beobachtungsübersicht