Bericht vom 06.04.2010; 21.20h – 00.20h
Ausrüstung: Newton-Teleskop, Öffnung 428mm, Brennweite 1830mm, (f/4,25) Adler
Dobsonmontierung

verwendete Okulare: 26mm Nagler Typ4 ; 13mm Ethos, 9mm Nagler Typ6, 7mm Nagler Typ6, 5mm Nagler Typ6
Ort: Freies Feld, ca. 2 km außerhalb Obernesselbach, ca. 385m ÜNN
Temperatur: 21.20h 8 C ; 00.20h 4 C
Seeing: 4, später 2-

Wetter: den ganzen Tag wolkenlos, gegen Abends anfangs leicht diesig

Galaxien:
- UMa: NGC3184
- Leo: NGC3799, NGC3800, ARP320 = Hickson 57 = Copeland Septett,
- Lyn: NGC2683, Abell 779 (GX-Cluster)
- Vir: M100, M104
- COM: NGC4565
Kugelsternhaufen: -
Planetarische Nebel: NGG4361
Quasare: Q1224-111 (Vir)

Kaum sind die freien Tage vorbei, wird das Wetter wieder schön. Man muss die Gelegenheiten nutzen (sind diese doch selten genug), so wird nach anstrengenden Tag (noch wenig trainiert je 32km zur und von der Arbeit plus 10h ‚schaffen’) zunächst das Teleskop zum temperieren heraus gestellt, Abend gegessen, noch etwas entspannt bevor ich gegen 20.50 in der Dämmerung losfahre. Venus und der ca. 3 Grad rechts stehende, leicht orange wirkende Merkur liegen genau in Fahrtrichtung, so dass ich die nicht so häufig auftretende Konstellation bei der Anfahrt betrachten kann.

Am Ziel angekommen wird zunächst aufgebaut und justiert. Es geht flott von der Hand, nach wenigen Minuten ist alles bereit. So bleibt noch Muße den Himmel zu genießen, ist die fortgeschrittene Dämmerung doch noch in vollem Gange. Venus kratzt schon fast am Horizont, Orion steht – noch vollständig – tief im Westen. UMA dominiert die Zenitregion.

Um 21.20 beginne ich, zenitnah und mit einem ob der Daten einfachen Objekt, nahe My UMA hin zur Grenze zu LMin:

NGC3184 - GX - LEO - (mag 9,8 - sbr 13,9; 7,6 * 7,4') SQM 21,1
Wow – das habe ich nicht erwartet. Es offenbart sich eine wunderschöne Face-On Spiralgalaxie, die sich vor keinem Messierobjekt verstecken müsste. Das Zentrum relativ klein und deutlich heller, von dort starten gegen den Uhrzeigersinn zwei relativ eng windende Arme. Genau nördlich des Zentrums, auf ca. 80% des Haloradius ein mag 12,5 Feldstern. Zunächst beobachte ich im 13er, dann im 9er Oku. Mit Muße können in den Armen Lichtknoten ausgemacht werden, am auffälligsten jener SO des Zentrums, auf ca. 50% des Haloradius. Das Sahneteil macht M51 Konkurrenz – ein Muss für GX-Liebhaber.

Nun kann es auch etwas kleiner werden, jedoch noch kein Grenzspechteln, die SQM-Werte nehmen noch zu, wenn ich mir aber doch etwas mehr erhofft hatte. Ich peile in den LEO-Hinterleib, ca. 2 Grad W von Denebola (Beta Leo) zu einer 2er Gruppe

NGC3800 - GX - LEO - (mag 12,7 - sbr 12,8; 2,0 * 0,6') SQM 21,12
NGC3799 - GX - LEO - (mag 13,9 - sbr 12,8; 0,7 * 0,5') SQM 21,12
Nicht von der absoluten Helligkeit abschrecken lassen, die hohe Flächenhelligkeit lässt doch einiges zu. Hier kann ja soll man höher vergrößern. Leider ist das Seeing (noch) nicht sonderlich gut. Das 9er Oku (202-fach) geht ordentlich, das 7er zeitweise (264-fach). Nur 2’ nördlich einer 3er Feldsterngruppe, welche ein spitzwinkliges Dreieck mit ca. 3’ Schenkellänge bildet steht die enge Gruppe. NGC3800 länglich, ca. 3:1 elongiert mit Helligkeitsvariationen. Der Zentralbereich länglich, leicht azentrisch weg von NGC3799 verschoben. Ich hatte einen Staubbandansatz unterhalb den Zentrums über die Hälfte des Halos hin zu 3799 vermutet, die Nachbereitung zeigt jedoch, das es sich um lichtschwächere Halobereiche von einem kräftigen Spiralarm umfasst handelte. Die Hauptachse der kompakteren NGC3799 ist vs. NGC3800 um 90 Grad geneigt, das GX-Zentrum in unmittelbarer Verlängerung der Hauptachse von NGC3800, kräftig, leicht oval. Wenn überhaupt besteht nur eine ganz schmale Kluft zwischen den beiden GXen. Ein sehr interessantes Pärchen.

In meiner kurzen Vorbereitung für den Abend hatte ich nach passenden Einstiegsobjekten vor Dämmerungsende gesucht, dabei war ich auf die UFO-GX im Lyn gestolpert. Das hatte mich neugierig gemacht, so wird der Tubus wieder höher geschwenkt. Für den knapp 3 Grad Starhop ausgehend von 38 und Alpha Lyn brauche fast 5 Minuten – viel zu Lange für die wenige zur Verfügung stehende Zeit. Aber es hat sich gelohnt:

NGC2683 - GX - CYN - (mag 9,8 - sbr 12,9; 8,8 * 2,5') SQM 21,15
Hell, richtig schön hell sind die relativ ausgedehnten inneren Bereiche. Zum Beobachtungszeitpunkt steht die von NO nach SW elongierte GX im GF auf der Kante. Im SW-Bereich ist das Zentrum leicht nach oben ausgebeult, gegenüber dagegen nur leicht. Es entsteht de Eindruck einer klassischen, relativ flachen fliegenden Untertasse, wie man diese aus den Anfängen der Science Fiction-Filme her kennt. Beim gegebenen Himmel kann der spindelförmige Halo noch ein gutes Stück verfolgt werden. Am Übergang des Zentrums zum Halo, nach NO ein um mag 12,5 Feldstern. Nett!

Ich bleibe in der Region, weniger als 1 Grad von Alpa Lyn entfernt steht der Abell 779-GX-Cluster, einer Smal Scale Structure. Ca. 30 GXen tummeln sich auf knapp 1 Grad. Am deutlich hellsten das Mitglied

NGC2832 - GX - CYN - (mag 11,9 - sbr 13,5; 3,0 * 2,0') SQM 21,15 mit
NGC2831 - GX - CYN - (mag 14,5 - sbr 13,8; 0,8 * 0,8') SQM 21,15
Im GX Halo. In einem gemeinsam wirkenden Halo zeigen sich zwei, nur ca. 0,4’ separierte GX-Kerne. Direkt daneben eine kleine Spindel (NGC2830, mag 14,3) in Verlängerung deren Hauptachse man nach ca. 4’ über ein schwaches, ca. 2:1 Oval stolpert (NGC2825, mag 14,4) In meiner 5 Minuten-Skizze sind 9 GXen und ein gutes Dutzend Feldsterne verzeichnet, verbale Details bleiben euch erspart. Fazit: ganz nett.
Entfernungsangaben zum Clusters sind widersprüchlich – ich hatte von 300Mio und auch von 700 Mio. LJ gelesen. Bei einer Fluchtgeschwindigkeit von knapp 7000km/s dürfte der höhere Wert besser passen. Beobachtet wurde überwiegend mit dem 7er Oku bei 264-fach.

Diese Tage hatte ich das neueste VDS Journal erhalten, als Beilage ein Poster mit den Messier-Objekten. Die Spirale von M100 war mir positiv aufgefallen, Anlass genug diese wieder ‚live’ einzustellen. Über das bekannte Aufsuch-T ist diese dann auch zügig eingestellt (weitere Objekte des Virgo-Cluster wurden ignoriert)

M100 - GX - VIR - (mag 9,4 - sbr 13,4; 7,5 * 6,1') SQM 21,20
Nett, sehr nett. Auffällig das konzentrierte, helle relativ kleine GX-Zentrum. Man weiss sofort, dass es sich um eine Spirale in Draufsicht handelt. Will man die Drehrichtung angeben, wird es schon schwieriger. Mit ‚im Uhrzeigersinn’ liege ich jedoch richtig. Meine Skizze zeigt teils relativ kräftige Spiralarmsegmente, teils sind die zwei Hauptarme aber auch relativ schwach ausgeprägt. Ca. 4’ OSO des Zentrum, knapp Außerhalb des Halo ein mag 12 Feldern’, auf der gegenüberliegenden Seite 3 oder 4 Feldsterne an der Wahrnehmungsgrenze im Halorand.


Jetzt darf es wieder etwas schwerer werden, ein Objekt mit diversen Bezeichnungen, wieder geht es in den hinteren LEO-Bereich zu Hickson57 = ARP 320 = Copeland-Septett mit den Komponenten:

NGC3750 - GX - LEO - (mag 13,9 - sbr 13,1; 0,8 * 0,7') SQM 21,25
NGC3753 - GX - LEO - (mag 13,6 - sbr 13,2; 1,7 * 0,5') SQM 21,25
NGC3745 - GX - LEO - (mag 15,2 - sbr 12,4; 0,4 * 0,2') SQM 21,25
NGC3748 - GX - LEO - (mag 14,8 - sbr 13,2; 0,7 * 0,4') SQM 21,25
NGC3751 - GX - LEO - (mag 13,9 - sbr 12,7; 0,8 * 0,5') SQM 21,25
NGC3754- GX - LEO - (mag ? - sbr ?; ?) SQM 21,25
NGC3746 - GX - LEO - (mag ? - sbr ?; ?) SQM 21,25
Sieben auf einen Streich – theoretisch. Es braucht vor allem gutes Seeing neben dunklen Himmel. Die GX-Fuzzelchen in ca. 480 Mio LJ Distanz sind relativ flächenhell, so dass recht hoch vergrößert werden kann. Als Orientierung dient ein relativ zentral stehender Mag12-Feldstern. S in ca. 2’ Distanz die auffälligste der Gruppe, NGC3753 die deutlich länglich wirkt, mit schmalen hellerem ZB mit etwas Halo. Kurz dahinter ein kleiner, rundlicher Lichtblob – NGC3750. Ich bin mir nicht sicher ob ganz getrennt oder ineinander übergehend. In gleicher Richtung ca. 3’ weiter ein länglicher, schwacher Schemen: NGC3751. ONO des Feldstern kann ich ebenfalls 3 GX’en ausmachen, jeweils relativ ‚deutliche’, kleine Kerne mit wenig sehr blassen Halo darum herum. Die oberste, ca. 3’ OSO NGC3748, daneben vermutlich NGC4746, darunter NGC3745, etwas mehr flächig. Ich hatte etwas Zeit investiert, es war nicht ganz einfach, ging aber besser als vermutet. Die 7.GX hatte ich jedoch nicht erkannt, direkt an NGC3753 hin zum Feldstern.


Um etwas Abwechslung hinein zu bekommen wechsle ich die Objektklasse – Planetarische Nebe gibt es ja am Frühlingshimmel nicht allzu zahlreich. Nur gut 20 Grad hoch, im Raben wird

NGC4361 - PN - COR - (mag 10,3 - sbr 11,3; 63“) SQM 21,25
Angepeilt. Der PN reagiert sehr deutlich auf Filter, wie nicht anders erwartet, besonders auf den UHC. Ob der tiefen Position wird es mit höheren Vergrößerungen schwierig. Mehr als das 9er (202-fach) macht einfach keinen Sinn. Ohne Filter ist der Zentralstern deutlich detektierbar, mit wird dieser schwierig, bleibt aber noch erkennbar. Der Nebel weist einen merklich helleren inneren Bereich aus, und einen schwächeren, rundlichen äußeren. An zwei, grob gegenüber liegenden Positionen ist der äußere Bereich partiell etwas kräftiger. Ein Objekt, welches man sich für Beobachtungen vom Südhimmel vormerken sollte.

Die Diskussion hier auf dem Forum mit Peter hat wieder Lust auf QSO-Beobachtungen gemacht. Es ist genau die richtige Zeit, um ein Objekt meiner High-RedshiftListe anzupeilen, die zu der Urzeit (es ist knapp vor Mitternacht) nun kulminiert. Höher als gut 28Grad steigt

Q1224-111 – QSO – VIR (mag 15,4) SQM21,28
bei mir nicht über den Horizont. 2007 hatte ich diesen letztmalig angepeilt, damals mit 20 Zoll. Ich steige bei M104 ein, hatte das 9er Oku im OAZ gelassen – wow, die sehe ich mir später noch genauer an. Dann wird mit dem 8*50 Sucher gehopt. Der Mag6 Stern HR4722 dient zur Orientierung, dann TYC5530-01569-1 bevor die Detailkarte herhalten darf. Es wird schwierig mit der Fein-Orientierung, im Bereich von ca. 10’ um den QSO gibt es kaum Feldsterne heller als Mag 15. Ein heller mag9,3 Stern mit 12.9er in nur 3’ Distanz fixiert das Zielgebiet und sichert korrekte Ausrichtung, nur ist dieser etwa 10’ vom eigentlichen Ziel entfernt. Nur halb so weit steht eine 3er-Gruppe, die ich auf der Karte markiert habe. Diese Gruppe hat den Nachteil, dass die Sterne mit mag 15,5, 14,7 und 15,6 sehr schwach sind. Das Seeing ist brauchbar, im 7er bei 262-fach lassen sich die Fünkchen ordentlich scharf stellen. Es fällt mir schwer, gleichzeitig zwei Regionen indirekt zu beobachten. Die 3er Gruppe zur eindeutigen Lage, den QSO zum auffinden. In der 3er Gruppe sind die schwächeren Komponenten zu ca. 30% direkt zu erkennen, indirekt nicht ganz stabil. Der QSO ist auch nicht lichtschwächer, steht nur allein auf weiter Flur. Immer wieder versichere ich mir auf der Karte, wo genau der QSO steht, um nicht einer Feldsternsichtung aufzusitzen. Ich kann diesen schließlichblickweise direkt sehen, indirekt fast stabil, es fällt einen Tick schwerer als bei der 3er-Gruppe. Photonen beenden ihre etwas über 10 Milliarden Jahre lange / weite Reise auf meiner Netzhaut – ein Wahnsinn. Ich bin angenehm überrascht: einfacher als damals mit 3 Zoll mehr, eine eindeutige positive Sichtung.

Nun zieht es mich magisch zurück zu M104. Dank markanter hellerer Feldsterngruppen in der Nähe des Messier-Objekts lasse ich das gut fokussierte 7er Oku im OAZ stecken und richte mit dem Sucher aus. Bingo – direkt im Gesichtsfeld

M101 - GX - VIr - (mag 8,0 - sbr 11,6; 8,6’ * 4,2’) SQM 21,28
Jep, jep. Jep – das zieht mir fast die Socken aus. Ein Traum! Es ist schon erstaunlich, was für einen Dynamikumfang das menschliche Auge abdeckt. Erst neuere Aufnahmen können Zeigen, was mit der Netzhaut live eingefangen werden kann. Der sehr helle kleine Nukleus der Galaxie, der rundliche Halo der graduell nach außen hin zarter und zarter wird, den Kern einer gestauchten Kugel gleich einfasst. Und dann dieses traumhafte schmale äquatoriale Staubband, das gemottelt, wolkig, strukturiert wie eine Bauchbinde die GX umschließt. Nördlich, im äußern Halo ein mag 12 Feldstern, OSO ein heller 9er Lichtfunken. Zum träumen. Meine bisher beste M104.

Eigentlich müsste ich nun aufhören, morgen wird gearbeitet. Ich kann es nicht umittelbar sein lassen, Mit

NGC4565 - GX - COM - (mag 9,6 - sbr 13,3; 14,9’ * 2,0’) SQM 21,28
kommt noch ein Kracher vors Okular. Auch hier gleich im 7er, jedoch damit schon mehr als Gesichtsfeldsprengend. So gehe ich eine Stufe auf 202-fach zurück, nur ist die ganze Ausdehnung der Spindel mit kräftiger Bulge und dem markanten Staubband zu überblicken. Die GX mehr zum Rand hin einstellend kann auch noch die Begleit-GX (NGC4562, mag 14), auf Höhe der Bulge mit rechtwinkliger Hauptachsenneigung erfassen. Wunderschön, doch bei M104 waren die Kontraste deutlich kräftiger, vor allem im Staubband. Ich zwinge mich aufzuhören, baue direkt ab. Erst heute denke ich an Saturn, der nach Mitternacht ca. 45 Grad hoch gestanden war.

Um 00.20h wird losgefahren, um 00.50h krieche ich unter die Decke.

Mit etwas Glück bekommt man in dieser Neumondphase noch eine weitere Chance.

Viele Grüße


Achim                                      > zurück zur Beobachtungsübersicht